oh Schreck oh Schreck
Eigentlich wollte ich erst einkaufen gehen und anschließend meine Hausmüll in die Tonne kloppen. Doch ich überlegtees mir anders und trage doch erst den Müll raus. Da sehe ich das Drama vor der Tür. Oder anders herum gesagt, das Drama hat sich schon abgespielt. Vielleicht ist er unter die Räder gekommen. Aber an der Ecke? Eine kleine Gabelung mitten im Wohngebiet ? Jedenfalls liegt mitten auf der Straße und direkt in der Kurve ein Mann am Boden und wird noch am Boden eine gefühlte Ewigkeit behandelt, bevor er auf Trage gelegt werden kann. Auf der Straße eine Blutlache. Gruselig, so auf der Straße mit der Verletzlichkeit des Menschen konfrontiert zu werden.
Zur Zeit wird er schon eine gefühlte Ewigkeit im Krankenwagen weiter behandelt.
Scheinbar muss der Verletzte noch weiter stabilisiert werden, bevor er transportfähig ist. Ich muss nachher genau den selben Weg zum Supermarkt gehen. Vielleicht wollte oder war dieser Mann auch nur einkaufen. Doch sein Weg wurde abrupt an dieser Stelle beendet.
Dieser traurige Anblick lässt mich wieder einmal über mein eigenes Ende nachdenklich werden. Ich bin ja schon in die Jahre gekommen, muss mich auch mit meinem Ende auseinander setzen. Kein körperliches Leben ist für die Ewigkeit gemacht. Es sind zwar – aus heutiger Sicht – nicht die Tage, die gezählt sind, aber auf jeden Fall sind meine Jahre gezählt. Vorausgesetzt, es passiert mir kein fataler Unfall, der im schlimmsten Fall meinem Leben sofort ein Ende setzen kann und mich in den Himmel holt.
Wird es mir leicht fallen, vom Leben zu lassen? Oder werde ich kämpfen und den letzten Zipfel meines Lebens verkrampft festhalten? Wer weiß? Vielleicht werde ich resignieren , damit ich es schnell hinter mich gebracht habe.
Einen emotionalen Einblick hatte ich vor ein paar Wochen. Meine verletzte Seele verkrampfte sich und sah nur noch einen Weg, um den Krampf zu lösen. Zur Hilfe nahm sie sich meine verstorbenen Angehörigen. Sie, die es bereits geschafft haben. Ihre Angst vor dem irdischen Ende liegt schon ein paar Jahre hinter ihnen. In meinem Herzen entfaltete sich eine unbändige Sehnsucht nach ihnen Ich wollte bei ihnen sein, so wie damals, wenn es mir nicht gut ging. Sie waren die Menschen, die mir in meinem Weltschmerz neue Kraft gaben. ich konnte mich wieder einpendeln. Zu ihnen wäre ich am liebsten geflüchtet. Für sie spielen alle Konflikte dieser Welt keine Rolle mehr. Sie wären die Menschen gewesen, die mich hätten auffangen können. Die Sehnsucht, bei ihnen zu sein, fühlte ich körperlich in meinem Herzen und es dauerte einige Tage, bis meine Seele wieder bereit war, wieder auf Abstand zu den Toten zu gehen.
“Deine Zeit ist noch nicht gekommen” flüsterten sie mir innerlich zu.
“Du bist stark und erträgst das Leid in deinem Herzen” bestärkten sie mich.
Doch eine Erfahrung aus dieser düsteren Woche nehme ich mit. Wenn das Ende kommt, werde ich mich auf meine Leute freuen, die schon im Himmel sind. Sie werden mich erwarten und auffangen.
Der Verletzte wurde so eben abgefahren – ich kann´s von meinem Fenster aus sehen. Der Gaffer und Sensationsreporter in mir hat das Foto gemacht. Der verletzte Unbekannte ist verdeckt.
Ich hoffe, dass der wahrscheinlich schwer verletzte Mann die Krise überstanden hat und der Weg für eine Genesung nun frei ist.
LaWe
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