einer nach dem anderen

Sein lautes Getöse ist im ganzen Treppenhaus zu hören. Mit metallischem Klappern und lautem Stöhnen erklimmt er die 8 Stufen, die zu seiner Wohnung führen. Wir begegnen uns auf dieser kurzen Strecke. Doch ich muss warten, bis er die 8 Stufen überwunden hat. Sein Rollator nimmt die ganze Treppenbreite ein.

Er, dass ich mein Nachbar, der in seinen jungen Jahren seiner Statur nach ein Kerl wie ein Baum war. Groß und stattlich muss er gewesen sein und voller Kraft.

Besorgt sehe ich seinem mühevollen Aufstieg zu. Seiner körperlichen Anstrengung nach macht es den Eindruck, als bewege er sich schon in der Todeszone auf dem Mount Everest. “Kann ich ihnen helfen ?” frag ich. Vielleicht kann ich ihm den Rollator abnehmen, den er mühevoll von Stufe zu Stufe noch oben vor sich her hebt. “Nein, das geht schon so. Ich hab mich damit schon eingespielt” “Ist in Ordnung” antworte ich und bleibt an meiner Wohnungstür stehen. Es sind ja nur noch 3 Stufen, die er erklimmen muss. Dann  hat er den beschwerlichen Aufstieg von 8 Stufen hinter sich.

“Wir sind ja nicht mehr lange hier” erzählt er mir unter schnaufen weiter. “Wollen sie wegziehen ?” frag ich nach. Dabei fällt mir ein, dass ich ihn und seine Frau in den letzten Wochen eher selten sah. “Wie gehen ins Pflegeheim. Die Frau ist schon da und ich ziehe im Juli nach” Ein bisschen traurig nehme ich seine neue Botschaft auf. Seit vielen Jahren leben wir Tür an Tür. Er nahm meine Päckchen an und ich nahm seine Päckchen an. Für einen “Guten Tag” und “Guten Weg” hatten wir immer nette Worte übrig. Wenn es was zu meckern gab – laute Musik von Sohnemann z.B - dann teilte er mir es in einem höflichen Ton mit, auch wenn er in seinem privaten Raum eher aufbrausend war.

“Wo wollen sie denn hinziehen?” frage ich nach, um das Gespräch nicht einfach zu beenden. “Wir bleiben hier im Wohngebiet” antwortete er. “Das Altenheim gegenüber”  “Das ja super, dann ist es ja noch wie zu Hause” Das Alten- und Pflegeheim ist gleich um die Ecke und fast auf Sichtweite zur jetzigen Wohnung. “Na, dann grüßen sie ihre Frau von mir” bitte ich ihm. Als wir uns nach dem kurzen Wortwechsel verabschieden, verschwindet er in seiner Noch- Wohnung.

Erst im nachhinein lief unsere Nachbarschaft mir noch einmal an meinem geistigen Auge vorbei. Als sie hier einzogen, waren beide noch gut zu Fuß, wenn auch wegen der Körperfülle eher etwas schwerfällig. Vor zwei Jahren stand spät am Abend der Krankenwagen vor der Tür und nahm die Frau mit. Sie stöhnte vor Schmerzen, als man sie in den Krankenwagen schob. Mir tat das in der Seele weh. Später erzählte mir der Mann, seine Frau bekommt ein neues Hüftgelenk, sie hätte es sich neulig Abend gebrochen. Und schon bald war sie wieder zu Haus. Sie ging am Stock, doch schaffte sie den Weg zum Auto gut und ohne die Stütze ihres Mannes.

Seid dem  letzten Jahr sehe ich ihn mit einem Rollator vor sich er schiebend das erst mal. Er brauchte nun auch eine Gehhilfe. Seine dickliche Körperstatur schein auch zu schrumpfen.

Vor wenigen Wochen kamen sie mir beide zu Fuß entgehen. Das war ungewöhnlich, denn sonst gingen sie nur zu ihrem Auto und den Rest ihre Bewegung erledigte der Wagen. Für einen Moment nahm ich ihre Hilflosigkeit wahr. Früher ging er immer vorweg und sie lief ihm nach. Diesmal sah ihr Erscheinungsbild anders aus. Sie gingen eng aneinander geschmiegt. Sie stütze ich sich auf ihre Gehstöcke und er auf seinen Rollator. So eng hatte ich die beiden noch nie beieinander gesehen. Sie kamen aus der Richtung, in der das Altenheim liegt. Es liegt ja nur um die Ecke auf der anderen Straßenseite.

Nun ist ihre Wohnung kaum noch belebt. Nur ab und zu sehe ich eine Fremde aus der Wohnung kommen. Mal hat sie ein Kissen unter dem Arm und ein anderes mal ein Decke. Wahrscheinlich holt sie ein paar persönliche Gegenstände für das alte Ehepaar, dass über die Jahre so eng zusammengewachsen war.

LaWe

bonanzaMARGOT - 12. Mai, 17:40

du beschreibst den werdegang aus deiner beobachtung, wie es sehr häufig der fall ist, bevor die alten und gebrechlich gewordenen leute zu uns ins pflegeheim kommen. irgendwann kommt der zeitpunkt, wo es alleine nicht mehr geht. gut ist, dass das pflegeheim sozusagen vor der haustüre liegt. so bleiben sie in ihrem gewohnten umfeld.
im pflegeheim erhalten sie (ich hoffe, es ist gut geführt) medizinische, pflegerische und menschliche unterstützung. bestimmt machen sie auch neue bekanntschaften. man sollte mit der entscheidung, in ein heim zu gehen, nicht zu lange warte; am besten geht man, wenn man noch alle 5 sinne beisammen hat - dann kann man sich, glaube ich, noch ganz gut eingewöhnen.

Lange-Weile - 13. Mai, 10:51

gute Entscheidungen

Hallo Bo.,

er sah zufrieden mit seiner Entscheidung aus. Sicher ist es ein langer Weg, bis der Mensch zu dieser Erkenntnis kommt. Doch wenn es sein muss, ist sind si ein einem Pflegeheim gut aufgehoben. Dies hier un die Ecke sieht zumindest von außen gut geführt aus.

Für die Familienangehörigen wird es dadurch auch leichter, denn sie müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie mal nicht nach den Eltern sehen.

Ich wünsche dir noch einen schönen Herrentag

Gruß LaWe
Störgröße - 15. Mai, 23:19

Mein Vermieter

hat kürzlich einen Treppenlift im Haus installieren lassen. Er wollte der Altersstruktur im Haus gerecht werden. Ein Aufzug war zu teuer. Der Lift war da eine gute Lösung. Finde ich gut. Denn so bleibt einigen lieben und sehr netten älteren Menschen bei uns im Haus der Auszug / Umzug zunächst erspart.

Lange-Weile - 19. Mai, 12:21

Aufzüge

Hallo Stör,

das ist ein super Sache. Ich war erstaut, wie schwerwiegend Treppen sein können, wenn Menschen mit Gebehinderungen sie überwinden muß. Darüber denkt man als junger Mensch gar nicht nach.

Einige wenige Bauten haben solch Aufzüge, wie du beschreibst nachträglich an den Häusern angebracht. Doch dort gibt es kaum Leerstände.

Gruß LaWe

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