Kontroversen zum Raum

Zur Zeit gehe ich in viele Wohngebiete meiner Stadt und mache mit den Kindern Training im Breitensport. Der Spaß an der Bewegung steht dabei im Mittelpunkt.

Obwohl die Inhalte und die Altersgruppen in jedem Wohngebiet die selben sind, die Kinder verhalten sich in jedem Wohngebiet anders. Da gibt es Wohngebiete, das sind die Kinder so lieb und artig, dass ich sie ganz easy von der Bank aus anleiten kann. Weder muß ich zur Ordnung rufen, noch ihnen zum hundersten mal die Spiel- und Verhaltensregeln ins Ohr brüllen. Die Trainingstunde läuft fast von allein.

Und dann gibt es ein Wohngebiet, das scheinen sie Kinder mit aggressiven Sprengstoff randvoll angefüllt zu sein. Nach wenigen Laufminuten schäumen ihre Gemüter schon über und die Trainingststunde verwandelt sich in eine Prügelstunde, wenn ich nicht im Minutentakt eingreife. Es brennt sozusagen an jeder Ecke. Einige Kinder kommen aus dem betreuten Wohnen oder haben nur noch ein Elternteil oder sind Zugewanderte aus dem Ausland.

Ein Trainer allein geht in so einer Gruppe ohne wenn und aber unter. Er wird sofort gefressen und unverdaut niedergemacht. Ein zweiter Trainer ist dort nicht nur Pflicht, sondern auch überlebenswichtig für das Projekt - Kinder und Sport.

Eine Kollegin, die derzeit in der Gruppe mitarbeitet, hat ganz andere Vorstellung im Umgang mit den Kindern, als ich. Während ich davon ausgehe, dass die Kinder unbewußt auf diese spektakuläre Weise um Beachtung kämpfen, möchte meine Kollegin diese Kinder aussortieren, die auf die Bank setzen oder zum Psychater schicken.

Ich nehme sie in die Zange und zwinge sie, sich mit ihren wirren Knäul im Kopf - Aggression gegen den anderen - auseinander zu setzen und noch während er Trainingsstunde zu entwirren.

Ich sehe den Schwerpunkt meiner Arbeit also nicht darin, den Kindern das Laufen beizubringen, sondern ihnen einen Raum zu geben, sich mit ihren Aggressionen auseinandenzusetzen. Am Ende der Stunde kommen sie Lobe nicht nur über ihre Laufleistung, sondern auch zur ihre Leistung, sich selbst wieder einzukriegen.

Im Rückblick gesehen streben einige Kinder nicht mehr so extrem nach Beachtung und sie kriegen sich von selber wieder ein.

Und doch muß ich von meiner Kollegin immer wieder anhören, dass ich mich meiner Taktik auf den falschen Weg bin. Die Kinder haben sich auf der Basis Selbstdiziplin unterzuordnen und gut ist. Wer das nicht kann, gehört nicht in die Gruppe oder muß zum Psychater. Ist sie mit einer Handlung von mir nicht einverstanden, stürzt sie noch während der Trainingsstunde auf mich zu und maßregelt mich. Das heißt für mich, ich muß mich nicht nur mit den Kindern sondern auch mit der Kollegin auseinandersetzen.

Gestern war wieder ein heißer Tag in der Sporthalle und es endete für mich mit einer Standpauke von meiner Kollegin und einem gemeinsamen Weg von einem Jungen, der Angst davor hatte, dass er unterwegs vermöbelt wird. "Klar beschütze ich dich" und so zogen wir beide los. Dabei stellte ich fest, dass die Kinder mir näher stehen, als die nette Kollegin, die als Unterstützung an meine Seite gestellt wurde.
LaWe
Kinkerlitzch3n - 15. Dez, 12:11

Liebe LaWe! Dieses Thema kommt immer wieder auf und ich finde es ganz toll, wie du mit den Kindern umgehst. Ich glaube, daß schon die intensive Beschäftigung mit Kindern, das Sich-Zeit-Nehmen und das Annehmen der Kinder so wie sie sind, ihnen wahnsinnig weiterhilft.
Wie soll ein Kind Selbstdisziplin üben, wenn es diese nicht wirklich kennt? Ich denke man kann viel mehr erreichen, wenn man diesen Kindern auch mal vermittelt, daß sie um Aufmerksamkeit nicht buhlen müssen, daß sie keine besonderen Dinge vollbringen müssen, weil jedes einzelne von ihnen besonders ist und deshalb Aufmerksamkeit bekommt. Und das scheinst du recht gut umzusetzen, was bestimmt nicht immer einfach ist. Danke im Namen der Kinder dafür!!

Deine Kollegin arbeitet wohl eher kontraproduktiv, nicht zwingend, weil sie einen anderen Standpunkt hat, sondern weil sie diesen vor den Kinder gegen dich durchsetzen möchte. Sowas sollte man besser alleine regeln und den Kids gegenüber eine Einheit darstellen.

Lange-Weile - 15. Dez, 13:11

geschickte Manöver

Hallo Klinkerlitzchen,

ja..mit einer anderen Kollegin lief die Zusammenarbeit nahtlos. Sie vermittelte vordergründig die Inhalte des Trainings und ich ackerte mit den widerspenstigen Kleinen am Rande des Geschehens.
Ohne Absprache, ohne vor und Nachbearbeitung.
"Wir müssen uns eben mit ihnen auseinandersetzen, sonst würden sie nicht zu uns ins Training kommen".

Meine jetzige Kollegin hat einen Hang zur Perfektion und Dominanz. Diese Fähigkeiten, dafür bewunderte ich früher Menschen, denn ich sah sie als sehr Willenstark. Doch ein Ort, an dem es keine Regulative und keine Beständigkeit gibt, hat der Perfektionist einen anderen Arbeitsstil. Ihr Leben besteht aus Selbstdiziplin und entsprechend sind auch ihre Erwartungen an die Kinder. Selbstdiziplin ist ihr vertraut und damit kann sie umgehen.

Interessant für mich zu beobchten war folgendes. Ich bin gezwungen, mich mit ihr auseinander zu setzen und das in ähnlichen Umfang wie mit den Kindern. Dabei werde ich das Gefühl nicht los. dass auch sie eine Portion Zuwendung von mir möchte :-).

Ja..ich sehe es wie du - die Kinder wollen, dass ich mich mit ihnen beschäftige, einfach nur um zu erfahren, ob ich sie auch als Rüpel mag.

Spannend ist auch zu wissen - gehe ich durch das Wohngebiet fühle ich mich berühmt wie ein Promi. Die Kinder winken und rufen mir schon aus der Ferne zu :-) :-)

Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende

Gruß LaWe

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