wenn die Angst umzingelt

Die Tränen kullerten in Strömen an dem kleinen Gesicht runter. Er hatte sich nur erschrocken und dann schon das Unheil gesehen, was gar nicht da war.

Ein Kleiner in der Gruppe - verschmitzt betritt er wie so oft die Sporthalle. Und genau so oft hat er auch gesteikt - das kann ich nicht - das will ich nicht - das mag ich nicht. Auseinadersetzungen sind vorprogrammiert, wenn es um Mannschaftsspiele geht.

Der Kleine springt vom Sprungbrett auf eine dicke Matte und in die Rolle vorwärts. Die Spannkarft der Beine läßt nach und bevor er die Rolle beendet berühren die Knie seine Nase. Der Kleine erschreckt und schreit auf "Meine Nase blutet - meine Nase blutet"

Mit Arme vor der Brust verschränkt sagt er mir unter Tränen "Das mache ich nieee wieder, nieeeemals" und schaut auf die dicke Sprungmatte. Ich will ihn trösten und die Tränen trocknen "Niemals wieder werde ich das machen. ich gehe nie wieder zum Sport" beteuert er weiter. Ich will ihn beruhigen und er weicht aus, Stellt sich mit der Brust an die Wand.

Mit dem "Knoten" kann ich ihn nicht allein lassen. Meine Kollegin arbeitet mit den Kindern allein weiter, Ich steuere auf den Kleinen zu, Er weicht mir aus und drückt das Gesicht fast an die Wand - ich weiche zurück und beobachte ihn aus der Ferne.

Dann endlich setzt er sich - im bekannen Fersensitz. Erst mit den Gesicht zur Wand, dann ändert er den Sitz so, dass er mit dem Rücken zu Wand sitzt und die anderen beim Spiel beobchten kann. Als ich näher kommen, setzt er sich so, dass er sich, dass nur eine Körperseite zur Wand zeigt. der Blick auf die spielend springenden Kinder ihm bleibt.

Ich komme noch näher und der Kleine springt auf und will weglaufen, er weicht wieder aus und bleibt schließlich in der Ecke hängen - er kann nicht mehr ausweichen, denn hinter ihm stehe ich.

Er ist verzweifelt - er kommt nicht mehr raus - die Mauer um ihn hat sich geschlossen. Es ist egal, wie er sich dreht.Einmal ist es die Ecke, die in nicht ausweichen läßt oder ich stehe vor ihm.

Der Kleine ist gefangen in seiner Angst und zwischen Ecke und mir - eine Mauer hat sich geschlossen

"Das ist die Mauer, die du um dich gebaut hast" sage ich ihm. "Warum baust du dir eine Mauer auf?" frage ich ihn. Ich weiß nicht, ob er den Sinn meiner Frage verstanden hat, seine Tränen fließen weiter, als er sich mit verschränkten Armen vor der Brust mir wieder zuwendet. "Ich mach das nieeee wieder" der Satz wird zu einem Mantra, der sich von allein im Kopf wiederholt.

An diesem festgefahrenen Punkt kann ich nicht abbrechen und suche nach einem Anfang für ein Gespräch. Seine tränennassen Augen beobchten die spielenden Kinder, beschützt und aus sicherer Ferne,

Ich suche einen einfachen Ansatz für ein Gespräch und erkläre ihm, dass deine Nase gar nicht blutet und frage, ob ihm Blut Angst macht. Dann weint er laut auf und sagt: "Jaaaaa." und erzählt mir, dass ihm vor kurzem die Nase ganz doll beblutet hat.

"Hattest du Angst, dass du dann sterben mußt?" versuche ich zu erforschen: "Nein" sagt der Kleine. "Aber ich mag den Schorf nicht. Der wird hart, das mag ich nicht".

"Der Schorf auf der Wunde ist doch nur ein Plaster, den die Haut sich sellber bastelt" erkläre ich ihm. "Aber wenn der harte Schorf auf meiner Haut ist, dann träume ich, dass sich daraus ein Stein verwandelt und an meinen Kopf fällt" und zeigt eine Stelle an der Stirn.

Jetzt kann ich seine Angst verstehen und sage ihm das auch, Er spürt mein Verständnis und meine Hände, die über deine Stoppelfrisur fahren. Der Kleine entspannt sich langsam und läßt seine verschränkten Arme sinken.

Er zeigt mir seine Hand - der Daumen ist auf die Handinnenseite gelegt - ich sehe nur vier Finger. "So viele Verletzungen hatte ich schon" Vor mir steht ein KInd, das mir seine Blut- Erfahrungen zeigt.

"Das war wirklich hart für dich" sage ich verständnisvoll. Der Kleine atmet durch und erzählt mir davon und von den gruseligen Träumen, die ihn ihn von Zeit zu Zeit plagen. Sie sind alle von seiner panischen Angst vor Schrecklichem gekennzeichnet.

Wäre er ein Schrifststeller, dann könne er eine Neuauflage von Stephan King werden, so gruselig sind seine Träume.

Ich sehe, wie die Mauer der Angst um den Kleinen zerbröselt und mache ihm Mut, an Sport und Spaß wieder teilzunehmen. Er atmet durch und springt wieder los. An dem Nachmittag sah ich keine Träne mehr und spielte weiter, als ob nichts gewesen wäre.

Der Kleine hat eine Fantasie, der wir kaum folgen können. Sie bewegt sich nur in der Finsternis, dort wo die Schattengestalten jede menschliche Haut mit Gänsehaut übersehen...

LaWe
Kinkerlitzch3n - 30. Mär, 14:17

Gott, das ist ja furchtbar. Wenn schon ein so kleiner Knirps so von Angst durchwachsen ist. Bewundernswert, wie du zu ihm durchgedrungen bist.

Lange-Weile - 31. Mär, 00:19

Potenzen

Hallo Kinkerlitzchen,
es gibt so etwas wie Angst vor der Angst. Daran läßt sich das potenzieren der Angst schon erkennen. Das ist vielleicht ein aufgeklügelte Methode, sich aus schwierigen Aufgaben heraus zu ziehen.
Ja, der Kleine hat heut wieder "gestreikt". Es war Hochsprung in der Halle und er hat es sich nur angesehen und ist erst gar nicht abgetreten. "Das kann ich nicht" u.ä, Sätze flogen mir entgegen und dann wieder die verschränkten Arme über die Brust und den Kopf gesenkt.

Aber ein anderes Erlebnis beschäftigte mich heut vorrangig. Ich werde es in den Blog schreiben

Gruß LaWe
typekey:schulnachhilfe - 10. Apr, 16:08

Großartig, wie Du auf den Jungen eingegangen bist!

Hi LaWe,
ein Sportlehrer hätte wahrscheinlich gesagt: "Mensch Junge, stell dich nicht so an und mach einfach weiter!" Frauen sind da oftmals sensibler und verständnisvoller. Wenn der Junge so voller Angst ist, macht es natürlich keinen Sinn weiter zu machen, aber ich frage mich dennoch, warum sind viele Kinder immer häufiger so unsportlich. Sind die Eltern zu ängstlich und übertragen ihre Angst auf die Kinder? Sind doch die Gameboys die Ursache für den Bewegungsmangel? Klettern Kinder nicht mehr auf Bäume?
Nun, egal, Du hast jedenfalls super reagiert. Ich hätte den Jungen wahrscheinlich in die Luft geschmissen und hätte versucht mit ihm rumzualbern, aber das klappt eben nicht immer...schon gar nicht mit ängstlichen Kleinen!
vg taita

Lange-Weile - 12. Apr, 12:19

Hallo TAITA,

wie ich mich freue, wieder von dir zu lesen. Dein Kommentar wirft sehr viele Frage über die Ursachen der Angst auf. Aber ein großer Teil der Angst wird sicher in den Familien übertragen, denn die Existenzangst greift immer mehr um sich. KInder haben ja noch ein feinstoffliches Gespür und nehmen die herumschwirrenden Ängste der Erwachsenen in sich auf und verarbeiten sie auf ihre Weise.

Gruß LaWe

PS: Den Namen - LaWe - habe ich dir zu verdanken, denn hattest ihn zuerst für mich verwendet. Er gefiel mir und nun verwende ich ihn weiter - Ich danke dir noch einmal dafür....
typekey:schulnachhilfe - 12. Apr, 16:21

taita fühlt sich wie ein Patenonkel

Hi LaWe,
...das mit Deinem Namen hat mir gefallen! Ich fühle mich jetzt so ein bißchen wie ein "Pate"
LaWe, Du schreibst immer so schön. Wann kann ich dich für schulnachhilfe.info erwärmen? Willst du nicht auch einmal über Deine Erfahrungen mit den "Kleinen" berichten? Das wäre ganz toll!
Was hälst Du von unserer neusten Idee "BücherReise"?
Wir wollen Bücher auf die Reise schicken. Mitmachen kann jeder. Finder können in unserem Forum die Reise mitverfolgen, Rezensionen und Empfehlungen schreiben. Angelehnt an die Idee von Bookcrossing, aber eben für Kinder und Jugendliche!
vg taita

Lange-Weile - 13. Apr, 23:27

getragene Erfahrungen

Hallo Taita, ja..du bist der PateOnkel von LaWe und sie hat sich unter deine Aufsicht entwickelt, wie deine Kinder auf dem Fußballfeld, wenn du am Rand steht und sie anfeuerst ;-).

Gestern hab ich mich auf deiner Internetseite - Schulnachhilfe - als Nordstrahl nachgesehen und konnte mich nicht entscheiden, in welche Rubrik ich die kleinen Erlebnisse mit dem Kinder eintragen kann. Vielleicht kannst du mir mit einem Rat auf die Sprünge helfen.

Über die Ostertage werde ich mich in der großen weiten Welt rumtreiben und kann ab Dienstag mein ersten Eintrag in deine Internetseit tragen

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