Mittwoch, 15. September 2010

nüchterne Worte

Mit dem Telefon am Ohr kommt er aus dem Zimmer, in dem seine Freunde sitzen und geht im Wohnzimmer an mir vorbei. Mit einem Fingerzeit auf die Lippen, bittet er mich, ihn nicht anzusprechen und dann verschwindet er weiter telefonierend in die Küche. Im Vorgehen höre ich, Sohnemann spricht mir seiner Oma. Sie zog im letzten Sommer nach Berlin, damit sie die letzten Jahres ihres Lebens in der Nähe ihres Sohnes verbringen kann. Außer ihrem Enkelsohn und der Grabstelle ihres Sohnes hat sie in Rostock nichts zurück gelassen.

Mit “gute Nacht, beendet Sohnemann sein Gespräch mit Oma und fast den Inhalt mit nur ein paar Worten zusammen. “So, Papa ist jetzt weg” dabei sah er mich mit offenen Augen an. Das sein Vater vor fast 10 Jahren plötzlich verstarb, hat ihn ja schon einmal den Vater genommen. Was vom ihm blieb, waren ein paar Erinnerungen, Bilder und der Platz, an dem seine Urne bestattet wurde. Weil Oma die Grabstelle nun nicht mehr pflegen kann und sich finanziell verpflichtet fühlet, wenn Sohnemann die Pflege übernahm, beschloss sie vor ein paar Wochen, die Grabstelle einebnen zu lassen und was von ihr bleibt, sind wieder nur ein paar Bilder.

“Schmerzt es?” frag ich Sohnemann, weil ich denke, dass die Grabstelle für ihn ein Anlaufpunkt sein könnte. “Nein, mir reicht das Bild, was ich bei mir im Zimmer habe” antwortet er nüchtern, aber nicht ohne bebenden Unterton. “Oma hat das mit mir ja so abgesprochen”.

Stimmt, bevor Oma die Einebnung in Auftrag gab, hat sie ihren Enkelsohn darüber informiert.

Aber die nüchternen Worte gingen doch nicht so spurlos an mir vorbei und in der Nacht kamen viele Erinnerungen aus der Zeit von damals wieder zurück. Erst waren es die guten Zeiten und dann kamen die schlechten Zeiten. Der Kampf ums überleben gegen den verheerenden Alkoholismus, der seine sanfte Persönlichkeit schon zerfressen hatte. Nach der endgültigen Trennung treib ihn die Sehnsucht immer wieder zu mir zurück, doch ich musste an die Zukunft unseres gemeinsamen Sohnes denken und konnte mich von der Zerstörung seiner Alkoholkrankheit nicht noch weiter in die Tiefe ziehen lassen.

Es tat mir in den Seele weh, dass ich ihn immer wieder mit den flehenden Worten: “Geh zum Arzt und lass dir helfen”, vertreiben musste. Die Feindlichkeit in seinen Augen war nicht zu übersehen. Doch dann wandelte sich der Ausdruck in seinen Augen. Mit den Blicken eines treuen Hundes zog er sich wieder zurück. Die tiefe Traurigkeit in seinen Augen verfolgte mich noch für Stunden und es dauerte, bis ich mich davon distanzieren konnte.

Doch ich hielt mich an den Rat einer trockenen Alkoholikerin, die sagte: “Kümmern sie sich um ihr Kind, das ist das wichtigste.” Denn sie sah, dass ich am Ende meiner Kraft angekommen war.

Die schönen Zeiten liegen schon 20 Jahre zurück, die schlechten Zeiten 14 Jahre und dann kam das plötzliche Ende seines Lebens. Weil wir nicht verheiratet waren, wurde er von seiner Mutter allein und aller Stille und ohne Anzeige in der Tagespresse beigesetzt. Ich erfuhr erst nach der Beisetzung davon und so konnte ich mich auf traditionelle nicht von ihm verabschieden.

So wie er damals einfach weg war, so ist er heut auch einfach weg.

Ich hoffe, Sohnemann hat aus dem Leben seines Vaters gelernt und er macht aus seinem Leben das, was seine Träume ihm vorgeben. Noch scheut er sich davor, den steinigen Weg zu seinen Träumen zu gehen und ich muss ihn ab und zu wieder wachrütteln, aber dann nimmt er den Faden seines Lebens wieder auf…..

LaWe

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